"Wo der Friede Türen öffnet" - Osnabrücker Rathaus
Die Türklinke
von Fritz Szalinski (Informationen zu Fritz Szalinski), welche am Osnabrücker Rathaus angebraucht ist, zeigt eine
aus Bronze gegossene, plastisch ausgearbeitete Taube, welche sich auf dem Griff
mit dem Schriftzug „FRIEDE 1648“ (Was ist der westfälische Friede?) befindet. Fritz Szalinski wurde am 8. Oktober 1905 in Osnabrück Haste als Sohn von Friedrich Szalinski und Amalie Steinbach geboren. Sein Vater wurde politisch verfolgt, 1944 verhaftet und kam am 15.Januar 1945 ins Konzentrationslager Neuengamme. 2008 wurde für ihn ein Stolperstein in Osnabrück aufgestellt. Fritz Szalinski selbst war Bildhauer, seine Materialien reichen von Holz, Stein Metall über Keramik bis hin zu Bronze und Ton. Seine Ausbildungen zum Holzbildhauer und an der Kunstakademie Königsberg schloss er mit Auszeichnung ab. 1929 gründeten er und seine Frau den "Bund Bildender Künstler". Die Skulptur "Friede 1648" wurde im Jahr 1963 in Osnabrück angebracht und ist 25cm
hoch und 28cm breit. Das Haupt der Taube ist im Profil von rechts zu sehen, ihr
großes, rundes Auge scheint den Betrachter anzublicken. Des Weiteren ist ihr
Kopf geneigt und ihr Schnabel berührt fast ihren voluminösen, langen Hals. Ihre
Flügel sind am Körper angelehnt, auf der
Brust zeigen sich einige Kreise, welche die Struktur eines Federkleides
suggerieren. Ihre Krallen befinden sich auf dem Griff über den Buchstaben F und R. Ihr Federkleid
endet kurz über dem Schlüsselloch und somit unter dem Griff.
Vor dem
Schriftzug befindet sich das Wappen Osnabrücks, welches ein Rad darstellt.
Erstens ist sie
ein Gebrauchsgegenstand, sie öffnet die Tür zum Rathaus.
Zweitens kann
sie als dekorativ aufgebaute Skulptur gesehen werden. Ihre Oberfläche und
Materialität lädt zum Berühren ein, durch den starken Kontrast der Holztür zur
gold schimmernden Plastik fällt sie dem Betrachter schon von weitem ins Auge.
Durch die Ähnlichkeit der Körperform der Taube und der Verzierungen an der Tür
ergibt sich ein harmonisches Gesamtbild.
Drittens die
Funktion als Denkmal an den Westfälischen Frieden von Osnabrück und Münster im
Jahr 1648. Der unter anderem hier im Friedenssaal beschlossen wurde.
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Foto von Jan - Kristoph B. |
Als
Seminargruppe bekamen wir die Erlaubnis, den Friedenssaal mit originaler
Inneneinrichtung zu besuchen, da diese vor den Bombenangriffen am 13. September
1944 sicher eingelagert wurde. Im Friedenssaal sind die Portraits von 42
europäischen Gesandten des Friedenkongresses und drei Portraits der Herrscher
der damaligen Kriegsparteien zu sehen, welche aus der schwedischen Königin
Christina, des französischen Königs Ludwig XIV und dem deutschen Kaiser
Ferdinand III bestehen.
Es gibt zwei
Möglichkeiten die „Türklinke Friede“ zu benutzen:
Entweder man greift nach dem Türgriff, berührt
also den Frieden und trägt ihn mit ins Rathaus,
oder man nimmt
den Hals der Taube und drückt ihn zur Seite. Uns stellt sich nun die Frage:
Bricht man damit der Taube das Genick? Ist es eine gute Umsetzung zum Gedanken
an den Frieden 1648, wenn man das Symbol des Friedens so leicht erlegen kann?
Ein weiteres
Element der Skulptur ist das Osnabrücker Rad, dessen Bewegung durch das Drücken
der Türklinke ausgelöst wird. Das verleiht der Skulptur eine gewisse Dynamik. Jeder der das Rathaus betritt und somit das Rad dreht wird automatisch an den Frieden 1648 erinnert. Der Frieden öffnet die Türen für Jedermann.
Der Schriftzug
„Friede 1648“ erinnert an das Ende des 30järigen Krieges, dessen Geschichte im Folgenden
kurz erläutert wird:
In der Zeit von
1618 bis 1648 herrschten viele Teilkriege, die zwischen Katholiken und
Protestanten ausgetragen wurden. Es ging vor allem um die Vormachtstellung in
Deutschland und Europa. Der Krieg forderte mehrere Millionen Opfer. Im
Osnabrücker Rathaus tagte ein Teil der Delegation der Kriegsparteien des 30jährigen
Krieges. Die Gesandten des Königreiches Schweden, sowie die des deutschen
Kaisers. Im Rathaus von Münster wurde zur selben Zeit durch die kaiserlichen
Gesandten und diejenigen Frankreichs Verhandlungen über einen Friedensausschuss
geführt, welche am 24. Oktober 1648 mit dem „Westfälischen Frieden“ endeten.
Jetzt galt wieder die Regel, dass der Herrscher eines Gebiets die Religion
bestimmen darf. Dies wurde bereits fast 100 Jahre zuvor im Augsburger
Religionsfrieden festgelegt.
Von Lena Dierker und Marleen Schulze Middendorf für Erinnern und Vergessen